Biografie

Jurij Brězan wurde am 9. Juni 1916 im Räckelwitzer Krankenhaus geboren († 12. März 2006 in Kamenz, im Malteser Krankenhaus). Auf seinem Geburtsschein ist die eingedeutschte Namensform Georg Bresan verzeichnet. Entsprechend dem Gesetz zur Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung vom 23. März 1948 ließ er seinen Namen später in sorbischer Schreibweise amtlich registrieren.

Jurij Brězan gilt als herausragender sorbischer Schriftsteller der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit seinen Werken, auch in deutscher Sprache verfasst, baute er der sorbischen Literatur die Brücke zur deutschen Literatur. Er schrieb vor allem Romane, Erzählungen und Kinderbücher. Seine Bücher wurden in insgesamt 25 Sprachen übersetzt.

Er besuchte ab 1927 das Bautzener Gymnasium (heute: Philipp-Melanchthon-Gymnasium), von dem er „wegen politischer Unreife“ 1936 relegiert wurde. In Dresden sein Abitur abzulegen, wurde ihm verwehrt. Nach vergeblichem Bemühen in Prag gelang es Brězan, in der polnischen Stadt Toruń (dt. Thorn) am staatlichen Gymnasium mit deutscher Unterrichtssprache im Mai 1938 das Abitur abzulegen. In dieser Zeit begann Brězans Teilnahme an der illegalen Arbeit einer sorbischen Widerstandsgruppe. Für seine frühen literarischen Versuche wählte er damals auch das Pseudonym Dušan Šwik. In die Lausitz zurückgekehrt, wurde Brězan wegen seines politischen Engagements mehrfach in Dresden inhaftiert. Zudem wurde er mit einem Aufenthaltsverbot für die Lausitz belegt. Von 1942 bis 1944 musste er als Soldat der Deutschen Wehrmacht dienen und kam als solcher in die amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach der Gefangenschaft kehrte Brězan 1946 in die Lausitz zurück und war hier als Jugendfunktionär der Domowina bis 1948 aktiv. Noch im selben Jahr wurde er Abteilungsleiter im Sorbischen Kultur- und Volksbildungsamt der LandesregierungSachsen. Im Rang eines Regierungsrats war er verantwortlich für Presse, Funk und Film. Der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) trat er 1946 bei. Seit 1949 arbeitete Jurij Brězan als freischaffender sorbischer Schriftsteller. Im Jahre 1964 wurde er Mitglied des Deutschen PEN-Zentrums Ost und West. Mitglied der Akademie der Künste wurde er im Jahre 1965. Vizepräsident des Schriftstellerverbandes der DDR war Brězan von 1969 bis 1989.

Jurij Brězan wurde in der DDR vielfach ausgezeichnet: 1951, 1964 und 1976 mit dem Nationalpreis, 1962 mit dem Ćišinski-Preis, 1973 mit dem Literatur- und Kunstpreis der Domowina, 1974 mit dem Karl-Marx-Orden, 1966 und 1981 mit dem Vaterländischen Verdienstorden sowie 1986 mit der Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold.

Viele seiner Romane und Erzählungen tragen autobiografische Züge. Zu seinen bedeutendsten Prosawerken gehören
die Romantrilogie „Felix Hanusch“, Bd. I „Der Gymnasiast“ 1958 und in neuer Auflage 2006, Bd. II „Semester der verlorenen Zeit“ 1960 und Bd. III „Mannesjahre“ 1964 sowie die Märchenerzählung „Die schwarze Mühle“ 1968 und die Romane „Krabat oder Die Verwandlung der Welt“ 1976, „Bild des Vaters“ 1982, „Krabat oder die Bewahrung der Welt“ 1995.
Kurz vor seinem Tod erschien noch seine in deutscher Sprache nacherzählte Sammlung sorbischer Märchen „Die Jungfrau, die nicht ins Bett wollte“ 2006.

In seiner Zuwendung zur Krabat-Thematik schöpfte Jurij Brězan aus dem reichen Schatz sorbischer Sagen und Märchen. Zunächst übersetzte er 1955 „Mišter Krabat“ von Měrćin Nowak-Njechorński unter dem Titel „Meister Krabat – der gute sorbische Zauberer“ ins Deutsche. Den „großen sorbischen Sagenstoff“ Krabat hebt er später in seiner Märchenerzählung „Die Schwarze Mühle“ und in den beiden Romanen „Krabat oder Die Verwandlung der Welt“ und „Krabat oder die Bewahrung der Welt“ in anspruchsvoller Weise auf.

Bis zuletzt lebte Brězan nahe seinem Geburtsort Räckelwitz in Dreihäuser/Horni Hajnk. Seinem Willen entsprechend erhielt das Deutsche Literaturarchiv Marbach Jurij Brězans literarischen Nachlass, der Manuskripte, Briefe, Fotos, Tonträger und Videos umfasst. Bereits einige Jahre vor Brězans Tod signalisierte das Marbacher Archiv dem Schriftsteller Interesse an seinen privaten Archivalien. Damit würdigt das bedeutende Archiv die sorbische Literatur zugleich als anerkannten Teil der Weltliteratur.